Freitag, 12. April 2013

Tipps für eine Autoreise nach Russland

Road to Nickel – CC Perovuoj
Die folgenden Tipps stammen nicht von mir selber, sondern von verschiedenen Quellen, die ich, seitdem ich mich nun seit ein paar Wochen mit einer Autofahrt nach Russland beschäftige, erschliessen konnte. Darunter eine alte Kollegin, die schon kurz nach dem Mauerfall ein paar Monate in Russland gastierte, mehrere Leute, die bereits Erfahrungen mit russischen Zöllnern oder Zugbegleitern gemacht hatten, und seit der Erstellung dieses Blogs habe ich auch Mailkontakt mit einem Russen aus dem Norden von Karelien (jener Gegend, die ich zu durchqueren beabsichtige).

Hier die wichtigsten Tipps, die mir zugetragen wurden:
  • Zollbeamte: Die Grenzabfertigung am Hauptübergang an der norwegisch-russischen Grenze verläuft professionell und verhältnismässig reibungslos. Bei Grenzübergängen z.B. bei Polen oder Estland ist dies nicht immer gewährleistet. Daher: Einen möglichst vielbefahrenen Grenzübergang wählen. Für den Notfall eine 50er-Note (Euro, Franken oder Dollar) bereithalten und mit den Ausweisen rüberschieben. (Offenbar macht sich hier die Inflation bemerkbar: Vor 20 Jahren lag der übliche Schmiergeld-Betrag noch bei einer 20er-Note.)
  • Speziell zu beachten für eine Fahrt durch Karelien nach Norwegen: Beidseits der Strasse von Murmansk zur norwegischen Grenze befinden sich diverse militärische Sperrgebiete, die nicht unbedingt auf der Karte verzeichnet sein müssen. Die Strasse darf auf keinen Fall verlassen werden. Im Gegensatz zu vor 20 Jahren machen heute Schilder an der Strasse darauf aufmerksam.
  • Fernverkehrsstrassen sind in der Regel in ordentlichem Zustand, Nebenstrassen für Nichtrussen nicht zu empfehlen.
  • Polizei: Je abgelegener, desto mehr Umsicht ist geboten. Autos mit westeuropäischen Kennzeichen werden eher mal rausgenommen; zumal von Beamten, die sich einen kleinen, inoffiziellen Zustupf verdienen wollen. Auch hier: für den Notfall eine 50er-Note bereithalten. Es ist aber auch sehr hilfreich, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass alle notwendigen Papiere vorhanden sind, das Auto inklusive aller Lichter etc. hundertprozentig funktionstauglich ist und auch sonst vollumfänglich den Vorschriften entspricht. Selbstredend: Tempolimit einhalten, und schon gar nicht alkoholisiert fahren. Trotz – oder wohl eher gerade wegen der legendären Trinkfreudigkeit der Russen gelten hier 0,0 Promille.
  • Damit zum Thema Alkohol: Mir wurde dringend empfohlen, mir einen Ausweis anzufertigen, gemäss dem ich ärztlich verordnet aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol trinken darf. "Russen leeren eine Flasche Wodka wie nichts. Die saufen dich unter den Tisch, und wenn du Pech hast, haben sie dir alles abgenommen, wenn du wieder aufwachst", wurde mir gesagt. Kann natürlich passieren, muss aber nicht unbedingt. Denn ausser der Trinkfreudigkeit ist auch die Gastfreundschaft der Russen legendär. Trotzdem: Das übliche Gläschen Wodka zur Begrüssung abzulehnen kann bei den Gastgebern schlecht ankommen. Ein offiziell aussehender Ausweis kann da einiges zur Klärung beitragen, zumal ich ja meine Autoreise nüchtern fortsetzen möchte (s. oben).
  • Geschenke mitnehmen: Mit kleinen Aufmerksamkeiten wie Schokolade oder Kugelschreibern findet man schnell Freunde. Auch wird gern gesehen, wenn man Kinder mit Süssigkeiten oder kleinen Spielzeugen beschenkt. (Ganz im Gegensatz zu uns, wo man für solche Vergehen eine Einvernahme auf dem nächsten Polizeiposten riskiert.)
  • Womit wir beim Thema "kulturelle Missverständnisse" sind: Bei kleineren oder grösseren Konflikten kann das uns Schweizern angewöhnte Sozialverhalten fatal sein: Wenn sich aus irgend einem Grund Ärger anbahnt, wird Lächeln und Beschwichtigen nicht als Nettigkeit, sondern als Schwäche ausgelegt. (Das kann ja heiter werden. Den Baseballschläger werde ich aber trotzdem zu Hause lassen.)
  • Vor dem Überqueren der Grenze nach Norwegen unbedingt noch Auto volltanken – ist in Russland viel billiger.
Nachtrag 5. Mai 2013
Was ich nicht erwähnt habe, und worauf mich eine russische Mail-Bekanntschaft aufmerksam gemacht hat: Korruption wird in Russland seit einigen Jahren streng bekämpft. Bestechungsgelder zu bezahlen ist illegal, und wer es versucht, macht sich strafbar. Will man seine 50er-Note also dem falschen – oder besser gesagt, einem ehrlichen Polizeibeamten rüberschieben, so kann sich das sehr kontraproduktiv auswirken.
Mein Bekannter sagt, die meisten Leute seien ehrlich, und die unehrlichen die Ausnahme. Davon bin ich überzeugt – sonst hätte ich kaum einen Grund, eine Reise nach Russland antreten zu wollen. Dass in Russland nicht immer alles den Klischees entspricht, die wir im Westen von diesem grossen Land haben, davon schreibe ich in diesem Blogpost.

1 Kommentar:

  1. Und mit dem in Russland geflüllten Tank holst du dann die 50er wieder rein. :-)

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